Solution Pattern #6

Fit-for-Purpose Architektur

Damit Systeme nicht nur laufen, sondern wirken

Viele Organisationen kämpfen mit schwerfälligen, veralteten IT-Systemen. Neue Anforderungen werden mühsam eingebaut, alles wirkt wie ein Flickenteppich – statt wie ein tragfähiges Fundament. Technische Schulden blockieren Weiterentwicklung, das Business wartet, die Frustration steigt.

Worum geht’s bei diesem Pattern?

Fit-for-Purpose Architektur stellt die Frage in den Mittelpunkt: Wofür ist unser System eigentlich gedacht – und erfüllt es diesen Zweck wirklich gut?

Es geht nicht um Perfektion, sondern um Passung: Modular, zugänglich, anpassbar – damit Systeme mit dem Wandel mithalten können.

Was dieses Muster bewirkt

Mit Fit-for-Purpose Architektur wird die IT zum echten Enabler:

  • Fokus auf Wirkung: Systeme werden nicht „auf Verdacht“ entwickelt, sondern entlang konkreter Nutzungsbedarfe gestaltet.
  • Modularität: Neue Anforderungen lassen sich gezielt integrieren – ohne dass alles neu gebaut werden muss.
  • Nachhaltigkeit: Technische Schulden werden sichtbar und systematisch abgebaut.
  • Zusammenarbeit: Business und IT entwickeln gemeinsam – statt aneinander vorbei.

Typische Anwendungssituationen

Dieses Pattern hilft, wenn …

… bestehende Systeme Weiterentwicklung erschweren.
… viele Teams auf die gleiche monolithische Infrastruktur zugreifen.
… neue Anforderungen regelmäßig zu Workarounds oder Parallelstrukturen führen.
… niemand weiß, wie die Systemlandschaft eigentlich zusammenhängt.

Was braucht es, damit es wirkt?

Damit Fit-for-Purpose Architektur gelingt, braucht ihr:

  • Transparenz über die Systemlandschaft: Was nutzen wir wofür?
  • Architekturprinzipien, die Orientierung geben – z. B. Modularität, lose Kopplung, Domainorientierung.
  • Zusammenarbeit zwischen Business und IT: Architektur ist nicht (nur) ein IT-Thema.
  • Bewusste Entscheidungen über Weiterentwicklung vs. Ablösung.
  • Pflege von Schnittstellen – technisch und kommunikativ.

Methoden, Frameworks & Modelle

Diese helfen euch, Architektur gezielt zu gestalten und weiterzuentwickeln:

  • Domain-Driven Design (DDD): Strukturiert Systeme entlang fachlicher Kontexte – nicht technischer Komponenten.
  • Evolutionäre Architektur: Ermöglicht laufende Anpassung – statt Big Design Up Front.
  • Wardley Mapping: Zeigt, was strategisch differenzierend ist – und was standardisiert werden kann.
  • Event Storming: Visualisiert Geschäftsprozesse und Systemverhalten – gemeinsam mit Fachbereichen.
  • Technology Radar: Macht technologische Entscheidungen transparent und diskutierbar.

Was dieses Pattern nicht ist

Fit-for-Purpose Architektur ist kein Selbstzweck und kein neues Buzzword. Es geht nicht um die schönste Architekturzeichnung – sondern um Systeme, die ihren Zweck erfüllen. Wer nur auf technologische Eleganz setzt, aber die Nutzerbedarfe aus dem Blick verliert, verfehlt das Ziel.

Verwandte Solution Patterns

  • SP1: Flow-Orientierung – Systeme als Teil durchgängiger Wertschöpfung
  • SP3: Systematisches Demand Management – Nur Anforderungen umsetzen, die wirklich gebraucht werden
  • SP8: Situativer Methodeneinsatz – Architekturentscheidungen als bewusster, kontextbezogener Prozess

Praxisbeispiel: Technische Schulden gezielt abbauen – statt immer nur neue Funktionen liefern

Eine Landesbank stand vor der Herausforderung, dass zentrale Anwendungen kaum noch wartbar waren. Über Jahre hinweg hatten sich technische Schulden aufgebaut – durch fehlende Architekturverantwortung, heterogene Systemlandschaften und permanente Priorisierung neuer Features.

Statt mit einem Big-Bang-Umbau zu starten, wurde eine bereichsübergreifende Taskforce ins Leben gerufen. Ziel: einen Rückbauplan für technische Schulden zu entwickeln und eine nachhaltige Architekturstrategie aufzusetzen.

Die Taskforce setzte auf Transparenz: Sie machte sichtbar, wo die größten Risiken und Engpässe lagen – nicht nur technisch, sondern auch organisatorisch. Architekturprinzipien wurden geschärft, Entscheidungsprozesse geklärt und bestehende Systeme auf Zukunftsfähigkeit bewertet.

Die entscheidende Stellschraube: Die Taskforce streute die Rückbau-Maßnahmen in die bestehende Projektportfolioplanung ein – als eigenständige Vorhaben, mit klarer Priorität und einem Sponsor im Senior Management. So wurden die Maßnahmen wie klassische Projekte behandelt – mit realistischem Zeithorizont, Kapazität und Wirkung.

Das Ergebnis: Technische Schulden wurden nicht länger ignoriert, sondern systematisch reduziert. Gleichzeitig wuchs das Architekturverständnis im Unternehmen – und der Weg war frei für strategische Modernisierung.

Wie KI unterstützen kann

KI kann bei der Bewertung und Weiterentwicklung komplexer Systemlandschaften wertvolle Impulse liefern:

  • Erkennung technischer Schulden: Durch Mustererkennung in Code-Repositories, Tickets oder Change-Logs kann KI auf technische Schulden oder veraltete Abhängigkeiten hinweisen.
  • Systemlandkarten analysieren: KI kann dabei helfen, Zusammenhänge zwischen Systemen, Schnittstellen und Nutzungsverhalten zu identifizieren und visuell aufzubereiten.
  • Priorisierung von Architekturvorhaben: Basierend auf Wirkzusammenhängen, Nutzungshäufigkeit oder Risikopotenzial kann KI helfen, systematische Architekturentscheidungen datenbasiert zu unterstützen.

Der Vorteil: KI schafft Transparenz in komplexen Architekturen und unterstützt Entscheidungen über nachhaltige Veränderungen – ohne die Architektursouveränität zu ersetzen.

Wo steht ihr gerade: Wird gebaut, was gebraucht wird – oder was historisch gewachsen ist?

Relevante Blog Beiträge: