Situativer Methodeneinsatz
Nicht alles, was Methode hat, ist auch hilfreich
Scrum, SAFe, Kanban, Design Thinking, OKR… Viele Organisationen führen Methoden ein – in der Hoffnung, damit Probleme zu lösen. Doch nicht selten sorgt das für Verwirrung, Widerstände oder einfach nur für zusätzliche Meetings.
Denn: Eine Methode oder Framework ist kein Ziel. Und was in einem Kontext hilfreich ist, kann im nächsten kontraproduktiv wirken.
Worum geht’s bei diesem Pattern?
Situativer Methodeneinsatz bedeutet, bewusst zu entscheiden, welche Methode, welches Framework oder welche Praxis zur aktuellen Herausforderung passt – und wie sie sinnvoll kombiniert oder angepasst werden kann.
Es geht nicht um Methodenkenntnis allein – sondern um Kontextkompetenz.
Also darum, zu verstehen: Was brauchen wir wirklich – und was hilft uns gerade weiter?
Das Pattern stärkt die Fähigkeit, zwischen dogmatischer Anwendung und pragmatischem Einsatz zu unterscheiden – und Methoden als Werkzeugkoffer zu nutzen, nicht als Korsett.
Was dieses Muster bewirkt
Mit situativem Methodeneinsatz…
- werden Methoden bewusst gewählt statt blind übernommen
- sinken Frustration und Überforderung im Team
- steigt die Wirksamkeit von Formaten und Frameworks
- entsteht mehr Eigenverantwortung im Umgang mit Veränderung
- wächst die Reflexionsfähigkeit über den eigenen Kontext
Typische Anwendungssituationen
Dieses Pattern hilft, wenn…
… es Unsicherheit gibt, welche Praxis bei welchem Problem hilft
… Methoden eingeführt wurden – aber keine Wirkung zeigen
… Frameworks zu starren Vorgaben verkommen
… Teams Formate „abarbeiten“, ohne den Sinn zu verstehen
… die Organisation ständig „eine neue Sau durchs Dorf treibt“
Was braucht es, damit es wirkt?
Damit situativer Methodeneinsatz gelingt, braucht ihr:
- Methodenverständnis: Kenntnis über Prinzipien, Wirkmechanismen und Grenzen
- Reflexionsräume: Wo funktioniert was – und wo nicht?
- Mut zur Abweichung: Methoden dürfen angepasst werden
- Feedbackkultur: Beobachtungen, Irritationen und Learnings ernst nehmen
- Führung, die Raum für Ausprobieren schafft – statt „das Framework“ durchzudrücken
Methoden, Frameworks & Modelle
Diese Formate helfen euch, Methoden reflektiert einzusetzen:
- Liberating Structures – Baukasten für wirksame Meetings & Workshops
- Flight Levels Modell – Orientierung, auf welcher Ebene welche Methode wirkt
- Method Mapping / Method Canvas – Passende Methoden für konkrete Herausforderungen identifizieren
- Hypothesengetriebene Einführung von Methoden – Warum führen wir das eigentlich ein?
- Inspect & Adapt Workshops – Gemeinsame Bewertung & Anpassung bestehender Praktiken
- Team Agreements & Operating Models – Methoden als Teamentscheidung statt Vorgabe
Was dieses Pattern nicht ist
Situativer Methodeneinsatz ist kein Plädoyer für Beliebigkeit.
Es geht nicht darum, jede Woche etwas Neues zu machen – sondern um bewusste, kontextbezogene Entscheidungen.
„Machen wir das, weil es hilfreich ist – oder weil es irgendwo steht?“
Verwandte Solution Patterns
- SP4: Enabling Leadership – Gute Führung erkennt, wann welche Methode passt – und wann nicht
- SP7: Learning & Improvement System – Methoden wirken nur, wenn sie kontinuierlich reflektiert und verbessert werden
- SP10: Aussagekräftige Metriken & Transparenz – Nur wer Wirkung misst, kann Methodeneinsatz fundiert bewerten
Praxisbeispiel: Agile Transformation mit Augenmaß
Ein Finanzdienstleister hat sich entschieden, schrittweise auf agile Arbeitsweisen umzusteigen. Nachdem erste Teams im BI-Umfeld erste Erfahrungen gesammelt hatten, stellte sich die Frage, wie man übergreifende Abhängigkeiten – fachlich, technisch und ressourcenseitig – besser steuern kann.
Statt ein umfassendes Framework wie SAFe direkt in Gänze und top-down einzuführen, wurde ein anderer Weg gewählt: Die konkrete Problemstellung stand im Zentrum – gemeinsam mit den Beteiligten wurde analysiert, wo Abstimmung, Transparenz und Priorisierung fehlten. Erst danach wurde entschieden, welche Elemente von SAFe tatsächlich weiterhelfen – und wie man sie passgenau zur eigenen Organisation adaptieren kann.
Mit klarem Fokus auf den Nutzen wurden gezielt einzelne Bausteine eingeführt, u.a.:
- Einführung von Backlogs auf mehreren Ebenen, um Transparenz und Priorisierung zu verbessern
- Etablierung klarer Rollen und Verantwortlichkeiten, angepasst an bestehende Strukturen
- Einführung eines rollierenden Quartalsplanungsprozesses (PI Planning), der Orientierung und Taktung schafft
Die Devise lautete: „Nicht alles, aber das Richtige – und im richtigen Moment.“
Das Ergebnis:
- Teams und Führungskräfte entwickelten Vertrauen in ihre Gestaltungsfähigkeit
- Bessere Akzeptanz, da das Vorgehen zur Arbeitsrealität passte
- Weniger Reibung, weil nicht übergestülpt, sondern gemeinsam gestaltet wurde
- Nachhaltige Wirkung: Heute arbeiten fünf Cluster entlang des SAFe-Modells – inklusive des IT-Betriebs
Eine ausführliche Beschreibung der Vorgehensweise und der kritischen Erfolgsfaktoren findest du in diesem Blogbeitrag.
